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Hohe Quecksilber-Belastung in europäischen Gewässern aus Kohlekraftwerken: Gift für Mensch und Umwelt

Mit einer im Dezember 2022 eingereichten Klage wollen ClientEarth und die Deutsche Umwelthilfe erreichen, dass die NRW-Landesregierung endlich wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Belastung von Flüssen und Seen durch giftiges Quecksilber ergreift. Im bevölkerungsreichsten deutschen Bundesland wird, wie in vielen Regionen in ganz Europa, der gesetzliche Grenzwert für gesundheitsschädliches Quecksilber in Fischproben teils massiv überschritten. Die größte Quelle für giftige Quecksilberemissionen sind Kohlekraftwerke – mit geeigneter Abgasreinigungstechnik könnte die Belastung der Natur und damit die Gefahr für die Gesundheit der Menschen wesentlich verringert werden.

Quecksilber ist eine für Tiere und Menschen hochgefährliche Substanz, die vor allem durch den Verzehr von Fisch in unseren Körper gelangen kann. Es kann vom Organismus schlecht ausgeschieden werden und reichert sich deshalb im Körper an. Organische Quecksilberverbindungen können beim Menschen schwere gesundheitliche Schäden im zentralen Nervensystem verursachen. Sie können vor allem bei ungeborenen Kindern sowie bei Säuglingen zu irreversiblen Hirnschäden führen.

Viele Lebewesen in europäischen Gewässern sind stark mit Quecksilber belastet. Etwa 2/3 der Flüsse, Seen und Grundwasser in der EU sind in einem schlechten Zustand, in ca. 40% der Oberflächengewässer werden die Grenzwerte für Quecksilber überschritten.

Katastrophen wie das massenhafte Fischsterben in der Oder im vergangenen Sommer sollten eine Mahnung sein, dass wir gerade in Zeiten des Klimawandels dringend auf den Zustand unserer Gewässer achten müssen.

Paula Ciré

Umweltjuristin bei ClientEarth

Zum effektiven Schutz der EU-Gewässer brauchen wir endlich Maßnahmen statt Ausnahmen

Die Hauptquelle für Quecksilber in Luft und Wasser sind Kohlekraftwerke.

In Nordrhein-Westfalen, einem Bundesland mit besonders viel Kohleindustrie, wird der gesetzliche Grenzwert für gesundheitsschädliches Quecksilber in im Wasser lebenden Organismen wie Fischen flächendeckend überschritten – bei Bad Honnef am Rhein sogar um das 11-fache. Die Landesregierung hat bislang trotzdem keine konkreten Maßnahmen zur Reduzierung der Quecksilberemissionen ergriffen oder geplant.

Mit knapp 0,9 Tonnen stammt der überwiegende Anteil der Quecksilberemissionen in NRW aus den drei verbliebenen Braunkohlekraftwerken von RWE: Weisweiler, Neurath and Niederaußem. Die beiden letzten gehören EU-weit zu den größten Verschmutzern.

Das zeigt: Auch zum Schutz der Natur und unserer Gesundheit ist ein rascher Ausstieg aus der Kohleverbrennung dringend geboten. Bis dahin müssen die Regierungen in der EU, darunter auch die deutschen Landesregierungen, die Industrie verpflichten, geeignete Filter einzusetzen. Beispiele etwa aus den USA zeigen, dass die Quecksilber-Emissionen sich durch den Einbau besserer und bereits verfügbarer Abgasreinigungstechniken deutlich minimieren ließen. Laut Berechnungen von Expert*innen würden sich die jährlichen Betriebskosten für die Kraftwerksbetreiber in NRW dadurch um maximal 2 Prozent erhöhen.

Animation: Mitja von Eisenhart

Für saubere Flüsse und Seen müssen Europas Regierungen zum Handeln gezwungen werden – warum wir NRW verklagt haben

Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie ist ein gutes rechtliches Instrument zum Schutz unserer Gewässer und damit auch unserer Lebensgrundlagen. Sie wird aber in Deutschland und zahlreichen anderen EU-Ländern nur unzureichend umgesetzt. Das Ziel der Richtlinie ist ein guter Zustand der Gewässer, was aber im Rhein und anderen Gewässern in Deutschland seit Jahren regelmäßig verfehlt wird.

In ganz Europa gehen Regierungen das bestehende EU-Wasserrecht zum Schutz von Flüssen und Seen nicht wirksam an. Ein gemeinsamer Bericht von ClientEarth und dem Europäischen Umweltbüro zeigt, wie sich die europäischen Regierungen, insbesondere in Kohleregionen, ihren gesetzlichen Verpflichtungen entziehen: Insgesamt berufen sie sich bei mehr als 50% der Flüsse, Seen und des Grundwassers in Europa auf Ausnahmen von den Schutzstandards des Wasserrechts, anstatt die gebotenen Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität umzusetzen.

Der nordrhein-westfälische Bewirtschaftungsplan für den dritten Bewirtschaftungszyklus von 2022-2027 zeigt, dass alle Wasserkörper in NRW einen schlechten chemischen Zustand aufweisen. Die Umweltqualitätsnorm für Quecksilber in Biota wurde in allen Proben zur Bewertung der Wasserqualität überschritten. Dennoch sieht das Maßnahmenprogramm von NRW keine konkreten Maßnahmen zur Reduzierung der Quecksilberemissionen vor.

Wenn Regierungen das Wasserrecht nur halbherzig anwenden, zwingen sie Menschen und Natur dazu, die Last der Verschmutzung durch fossile Brennstoffe zu tragen – anstatt diejenigen, die die Gewinne einstreichen. Das Verursacherprinzip ist eine der Grundlagen des europäischen Rechts und Regierungen müssen es durchsetzen – die Unternehmen müssen für die vollen Auswirkungen ihrer Tätigkeit aufkommen.

Paula Ciré

Umweltjuristin bei ClientEarth

Deswegen haben ClientEarth und die Deutsche Umwelthilfe beschlossen, das Recht auf sauberes Wasser frei von überhöhten Quecksilbermengen auf dem Klageweg durchzusetzen und eine entsprechende Klageschrift am 6. Dezember 2022 beim Oberverwaltungsgericht NRW in Münster eingereicht. Ein positives Urteil wäre auch richtungsweisend für andere deutsche Regionen und EU-Mitgliedstaaten, in denen das europäische Wasserrecht ebenfalls nicht ausreichend umgesetzt wird.

Foto: Lilaminze auf Pixabay.com