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Naturschutzgebiete: Warum wir sie brauchen und wie wir wirksamen Schutz erreichen

Die Natur wird in einem Ausmaß zerstört wie nie zuvor. Über eine Million Pflanzen- und Tierarten stehen vor dem Aussterben. Der neueste Living Planet Report des WWF zeigt, dass die Bestände wildlebender Arten in den letzten 50 Jahren um 73 Prozent zurückgegangen sind. Die Natur versorgt uns mit sauberer Luft und Wasser, Lebensmitteln und Rohstoffen. All das ist durch das Arten- und Biodiversitätssterben stark gefährdet und wird ernsthafte Folgen für unsere globalen Systeme haben.

Seit der UN-Konferenz über Biodiversität COP15 im Jahr 2022, auf der das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) verabschiedet wurde, sehen wir besorgniserregend langsame Fortschritte von Seiten der Staaten bei der Umsetzung der festgelegten Ziele.

Ein zentrales Ziel des GBF ist das sogenannte „30x30“. Es sieht vor, dass bis 2030 insgesamt 30 Prozent der Land-, Binnen- und Meeresgebiete in ökologisch wertvolle, vernetzte und gut verwaltete Schutzgebiete überführt werden. Das Ziel legt zudem besonderen Wert auf die Anerkennung der Rechte indigener Völker und die Einbindung ihrer Gebiete in umfassendere Naturschutzstrategien.

Ein Bericht des Natural History Museums hebt jedoch hervor, dass sowohl das derzeitige Monitoring-Framework zur Überwachung der Fortschritte bei „30x30“ als auch die politische Diskussion um dieses Ziel zu wenig Wert auf die Qualität der Schutzgebiete und deren Fähigkeit, effektiven Naturschutz zu leisten, legen. Die bittere Realität ist, dass das bloße Ausweisen von 30 Prozent der Erdoberfläche als Schutzgebiete den Verlust der Biodiversität nicht stoppen wird, wenn diese Gebiete nicht wirklich geschützt werden.

Wir bei ClientEarth arbeiten an Fällen, wo Regierungen und Behörden Naturschutzvorgaben missachten und weiterhin die Ausbeutung der Natur zulassen. Wir möchten anhand ein paar beispielhafter Fällen erzählen, wie wir aktiv gegen diese Missstände vorgehen und welche Maßnahmen notwendig sind, um effektiven Naturschutz zukünftig zu gewährleisten:

Der Vicosee in Italien wird durch intensiven Haselnussanbau stark geschädigt

Vicosee, Italien

Was ist das Problem?

Der Vicosee in Italien ist ein gekennzeichnetes Naturschutzgebiet, das durch die Auswirkungen des intensiven Haselnussanbaus massiv verschmutz und geschädigt wird. In der Region Latium wird durch den hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden die Ernte maximiert – das hat jedoch schwerwiegende Folgen. Giftige Algenblüten, die dadurch entstehen, schaden sowohl der Umwelt als auch der Gesundheit der Menschen vor Ort.

Was steht auf dem Spiel?

Der Vicosee ist nicht nur ein wertvolles Naturgebiet, sondern auch eine wichtige Trinkwasserquelle für umliegende Städte und Dörfer. Die Region ist reich an Biodiversität und umfasst zahlreiche Schutzgebiete, Parks und Reservate. Wegen der Bedeutung seiner Lebensräume und Arten gehört der Vicosee zum Natura-2000-Netzwerk der EU, einem europaweiten Schutzgebietsnetzwerk.

Doch durch die starke Verschmutzung stirbt die Natur im und um den See, und das Wasser, das sonst für die Bevölkerung genutzt wird, ist nicht mehr trinkbar.

Was tun wir?

Im Mai 2023 haben wir gemeinsam mit unserem Partner Lipu-Birdlife Italien eine Klage eingereicht, um die Behörden zur Verantwortung zu ziehen, da sie den Schutz des Vicosees und der Menschen, die auf ihn angewiesen sind, vernachlässigt haben. Im Oktober desselben Jahres gab der italienische Staatsrat unserer Klage recht und forderte die Region Latium auf, Maßnahmen zum Schutz des Sees zu ergreifen. Und noch mehr: Die Behörden müssen sogar dafür sorgen, den geschädigten natürlichen Lebensraum wiederzubeleben und negative Auswirkungen rückgängig zu machen. Da die Behörden das Urteil bisher ignoriert haben, legen wir erneut Berufung ein, um sicherzustellen, dass der Schutz des Vicosees durchgesetzt wird.

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Storche in der Tejo-Mündung

Tejo-Mündung, Portugal

Was ist das Problem?

Die portugiesische Regierung plante den Bau eines neuen Flughafens in einem international geschützten Gebiet, der Tejo-Mündung in Portugal. Dieses Gebiet ist eines der bedeutendsten Feuchtgebiete des Landes und Lebensraum zahlreicher Zugvogelarten. Diese Region ist ein entscheidender Rastplatz für viele Vogelarten auf ihrem Weg zwischen Nordeuropa und Afrika, insbesondere im Winter.

Was steht auf dem Spiel?

Das Tejo-Mündungsgebiet ist ein bedeutendes Schutzgebiet für Millionen von Zugvögeln und wird durch zahlreiche internationale Abkommen geschützt. Seine einzigartige Biodiversität und Bedeutung für bedrohte Arten machen das Naturschutzgebiet zu einem der wertvollsten Feuchtgebiete Europas.

Der Bau des Flughafens würde das Ökosystem unwiderruflich schädigen, den Lebensraum zahlreicher Vogelarten zerstören und eine erhebliche Menge an CO₂-Emissionen erzeugen, die der Region enorm schaden würden.

Was tun wir?

Zusammen mit der Sociedade Portuguesa para o Estudo das Aves (SPEA, BirdLife Portugal) und acht weiteren portugiesischen NGOs haben wir eine Klage eingereicht, um die Flughafenpläne zu stoppen. Im Jahr 2024 gab die portugiesische Regierung schließlich bekannt, dass die Pläne für den Bau des Flughafens eingestellt werden – ein großer Erfolg für den Schutz der Tejo-Mündung und seiner Artenvielfalt. 

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Meeresschutzgebiete in Frakreich und Spanien

Meeresschutzgebiete, Frankreich und Spanien

Was ist das Problem?

Frankreich und Spanien erlauben derzeit im Mittelmeer hochgradig zerstörerische Fangmethoden wie die Grundschleppnetzfischerei in ausgewiesenen Meeresschutzgebieten, obwohl dafür ein europaweites Verbot besteht. Die Grundschleppnetzfischerei zerstört empfindliche Meeresökosysteme und bedroht gefährdete Arten wie Schildkröten und Delfine, während sie auch die Fähigkeit der Ozeane, Kohlenstoff zu speichern, enorm beeinträchtigt.

Was steht auf dem Spiel?

Das EU-Recht verbietet den Einsatz von Schleppnetzen in allen Mittelmeer-Meeresschutzgebieten, die bestimmte empfindliche Lebensräume wie Seegraswiesen und Korallenriffe beherbergen. Diese Lebensräume sind geschützt, weil sie eine entscheidende Rolle für das Ökosystem und das Klima spielen. Seegras beispielsweise zählt zu den größten Kohlenstoffsenken der Erde, während Korallenriffe und Algenwiesen vielen Arten Lebensraum bieten, die die Grundlage der Meeresnahrungsketten bilden.

Was tun wir?

Gemeinsam mit unseren Partnern von BLOOM haben wir beim Verwaltungsgericht in Paris Klage gegen die französische Regierung eingereicht, um zu fordern und sicherzustellen, dass Frankreich endlich die EU-Gesetze zum Schutz des Mittelmeers einhält.

Mit der Umweltorganisation Oceana haben wir außerdem die spanische Regierung verklagt, um das Verbot der umweltschädlichen Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten durchzusetzen. Gemeinsam fordern wir, dass Schutzgebiete tatsächlich Schutz bieten und drängen auf eine faire, nachhaltige Umstellung der Fischereipraktiken. Ein positives Urteil könnte weitreichende Folgen für den Meeresschutz in der EU haben.

Mehr über die Folgen der Grundschleppnetzfischerei

Meeresschutzgebiete in Griechenland

Meeresschutzgebiete, Griechenland

Was ist das Problem?

Griechenland hat Offshore-Öl- und Gasprojekte genehmigt, die Meeresschutzgebiete beeinträchtigen könnten, in denen bedrohte Arten wie Wale, Delfine und Schildkröten leben.

Was steht auf dem Spiel?

Diese Genehmigungen gefährden direkt bedrohte Arten wie Pottwale, Große Tümmler und Karettschildkröten zugunsten der Erkundung und Förderung fossiler Brennstoffe, die sowohl die Biodiversitäts- als auch die Klimakrise weiter verschärfen.

Was tun wir?

Wir haben bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde eingereicht und sie aufgefordert, Griechenland für die erteilten Genehmigungen zur Verantwortung zu ziehen. Die Kommission hat jedoch bisher keine Maßnahmen ergriffen. Wir bleiben dran und halten den Druck aufrecht, damit der Schutz der Meeresgebiete in Griechenland eingehalten wird.

Po-Delta in Italien

Po-Delta, Italien

Was ist das Problem?

Im Jahr 2021 genehmigten die italienischen Behörden ein Gasförderprojekt, das geschützte Delfine und Schildkröten im ikonischen Golf von Venedig bedroht. Das Gasprojekt soll am Ausgang des Po-Deltas entstehen, einem UNESCO-Welterbe, und an der Grenze eines geschützten Natura-2000-Gebiets, das als Zufluchtsort für einige der wichtigsten Meerestiere Europas wie Große Tümmler und Karettschildkröten ausgewiesen wurde.

Was steht auf dem Spiel?

Auf Schutz angewiesene Arten, die dieses Schutzgebiet ihr Zuhause nennen, wären durch die fossile Brennstoffförderung, die das Projekt mit sich bringt, stark bedroht.

Was tun wir?

Gemeinsam mit Legambiente, Lipu-BirdLife Italien, WWF Italien und Greenpeace Italien kämpfen wir dafür, die Entscheidung der italienischen Behörden rückgängig zu machen, dass „Teodorico-Projekt“ – eine Gasplattform mit Bohrungen und Pipelines – direkt neben einem Schutzgebiet für diese wertvollen Tiere zu bauen.

Warum reicht der klassische Schutz von wertvollen natürlichen Lebensräumen allein oft nicht aus?

Es gibt verschiedene Gründe, warum Naturschutzgebiete nicht immer wirksam funktionieren. Manche Gebiete sind so konzipiert, dass sie spezifische Arten oder Lebensräume erhalten sollen, legen aber weniger Wert auf die Erhaltung des gesamten Ökosystems und der Biodiversität. Häufig fehlen Managementpläne oder sie sind unzureichend umgesetzt; Schutzgebiete sind oft zu klein, schlecht eingeteilt oder mangelhaft ausgestattet – es fehlen Mittel, Personal und effektive Schutzmaßnahmen, und zu oft wird der Schutz nur ungenügend oder gar nicht durchgesetzt. Bedauerlicherweise werden diese Probleme im bestehenden Überwachungsrahmen für das „30x30“-Ziel kaum berücksichtigt.

Die Länder müssen sicherstellen, dass das „30x30“-Ziel über die bloße Ausweisung weiterer Schutzgebiete hinausgeht. Auf der COP16 im Jahr 2024 ist die Frist für alle Länder, ihre überarbeiteten nationalen Biodiversitätsstrategien und Aktionspläne (NBSAPs) vorzulegen – zentrale Dokumente, die darlegen, wie jedes Land zum Erhalt der Biodiversität beitragen will.

Mindestens sollten die Länder wissenschaftlich fundierte Ansätze verfolgen, um zu entscheiden, welche Gebiete geschützt werden müssen, wie sie verwaltet werden sollten und welche rechtlichen oder administrativen Schutzmaßnahmen erforderlich sind, um die Ziele zu erreichen. Zudem sollten die Länder über die Schutzgebiete hinausgehen und die menschlichen Ursachen des Biodiversitätsverlustes sowie den Druck auf die Gesundheit der Ökosysteme gezielt angehen.

Die Natur braucht wirksamen Schutz: Deshalb setzen wir uns beständig dafür ein, dass rechtliche Schutzmaßnahmen durchgesetzt werden, um Naturschutzgebieten die effektiven Sicherungen zu bieten, auf die sie so dringend angewiesen sind.

COP16: Alles über die Biodiversitätskonferenz

Was ist die COP16 und warum ist sie wichtig?