ClientEarth
1. September 2023
Menschenrechtsexpert*innen der Vereinten Nationen haben den Ölkonzern Saudi Aramco und seine Banken offiziell verwarnt. Saudi Aramco ist das weltweit größte Öl- und Gasunternehmen und seine massiven Auswirkungen auf die Klimakrise sind ein Angriff auf die Menschenrechte.
Die UN wurde aktiv, nachdem ClientEarth Rechtsbeschwerde gegen Aramco eingereicht hat. Grund unserer Klage: Aramco ist für die größten klimabezogenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich, die jemals von einem Unternehmen begangen wurden. Statt seine Nettoemissionen auf Null zu reduzieren, erweitert Aramco sogar seine Produktion fossiler Brennstoffe und investiert in die Entwicklung weiterer Ölquellen. Damit nimmt das Unternehmen klimabedingte Auswirkungen auf Menschenrechte in Saudi-Arabien und eine weltweite Zuspitzung der Klimakrise wissentlich in Kauf. Nach aktuellem Stand ist Aramco bereits heute der größte wirtschaftliche Emittent von Treibhausgasen – Tendenz steigend.
Öl- und Gasunternehmen sind die größten Verursacher des katastrophalen Klimawandels. Die dadurch steigenden globalen Temperaturen bedeuten für Milliarden von Menschen Wassermangel, Hitzewellen und Nahrungsmittelknappheit. Extreme Wetterereignisse wie Waldbrände, Dürren, Überschwemmungen und Stürme passieren immer häufiger und verursachen erhebliche Schäden für Menschen auf der ganzen Welt. In den letzten Monaten gab es beispiellose globale Hitzewellen, in Saudi-Arabien wurden regelmäßig Tagestemperaturen von über 50 Grad Celsius gemessen. Im Nahen Osten werden solche Extreme voraussichtlich zur Norm werden und hitzebedingte Todesfälle in hoher Zahl prognostiziert, es sei denn, die Emissionen werden sofort gesenkt.
Indem Aramco seine Rolle als weltweit größter Emittent von Treibhausgasen nicht thematisiert, verstößt das Unternehmen in enormem Ausmaß gegen Menschenrechte. In jedem Land, auf jedem Kontinent sind Menschen vom Klimawandel betroffen, der durch das Handeln von Aramco befeuert wird.
Die UN verwarnte neben dem Unternehmen selbst auch Banken und Finanziers aufgrund ihrer Beteiligung an der Finanzierung der Aktivitäten von Saudi Aramco. Beides verstößt gegen internationale Menschenrechtsgesetze und -standards.
Zu den geldgebenden Unternehmen gehören JPMorgan Chase, Citi und HSBC. Während viele dieser Banken eigene Klimaziele öffentlich machen, hat bisher keine von ihnen zu den klimabezogenen Auswirkungen ihrer Geschäftsbeziehung zu Aramco Stellung bezogen. Rechtlich sind die Banken in der Verantwortung, in ihrer Rolle aktiv Menschenrechtsverletzungen und Klimasünden entgegenzuwirken oder die Geschäftsbeziehung zu beenden.
Im März 2023 meldete Aramco einen Rekordjahresgewinn 2022 von 161 Milliarden US-Dollar. Seit 2019 hat das Unternehmen laut eigenen Angaben mehr als 70 Milliarden US-Dollar durch Eigenkapital, Anleihen und Bankkredite aufgebracht.
Einerseits verweigert Aramco jede Ausrichtung auf die Einsparung klimaschädlicher Emissionen, veröffentlicht andererseits aber Kampagnen, die seine „Nachhaltigkeit“ bewerben. In der Praxis fehlt es an Maßnahmen, angebliche Klimaziele zu erreichen. So investiert das Unternehmen bisher nur minimal in erneuerbare Energien. Die irreführenden Werbekampagnen Aramcos haben wir bereits 2021 im Rahmen unserer Greenwashing Files analysiert. Auch die aktuellen Unternehmenspraktiken werten wir als schädliches Greenwashing. Die Vereinten Nationen bestätigen die potenziellen negativen Auswirkungen von Fehl- und Desinformationen über den Klimawandel auf die Bemühungen zur Bewältigung der Krise sowie auf die Menschenrechte.
Aktuell verschärft Aramco die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf das Leben der Menschen, anstatt an Lösungen zu arbeiten.
Die UN-Verwarnung schafft einen wichtigen völkerrechtlichen Präzedenzfall und Klarheit über die Rolle von Menschenrechtsvorschriften im Angesicht großer Umweltverschmutzung. Dieser Präzedenzfall kann nun genutzt werden, um in Gerichtssälen auf der ganzen Welt gegen Klimasünder aus Wirtschaft und Industrie vorzugehen.
Um die Auswirkungen auf Klima und Menschenrechte anzugehen, benötigt Aramco einen Übergangsplan, der mit dem Pariser Abkommen in Einklang steht. Unter anderem müssen Öl- und Gasproduktion deutlich reduziert werden, um bis 2030 alle Emissionen des Unternehmens zu halbieren. Statt Greenwashing zu betreiben, das den schnellen und fairen Übergang blockiert und verzögert, muss die Neuausrichtung – weg von umweltschädlichen fossilen Brennstoffen und hin zu erneuerbaren Energien – im Vordergrund stehen.
Auch Aramcos Finanzgeber müssen ihre Investitionen mit Blick auf die eigene menschenrechtliche Verantwortung prüfen und sollten die Geschäftsbeziehung beenden, wenn das Ergebnis der Erwartung entsprechend negativ ausfällt.