Pressemitteilung: 29.06.2022
Baggern als ob es kein Morgen gäbe: Cottbusser Gericht stellt LEAG Freifahrtschein zur Naturzerstörung aus
Die Umweltschutzorganisationen BUND Brandenburg und ClientEarth – Anwälte der Erde zeigten sich nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus zum LEAG-Tagebau Welzow-Süd enttäuscht: Sie hatten ausreichende Sicherheiten für die anschließende Rekultivierung der Tageblauflächen im Betriebsplan gefordert. Weitere rechtliche Schritte werden nun geprüft, um der Abwälzung der Kosten für die Umweltschäden auf die Allgemeinheit klar einen Riegel vorzuschieben.
„Dieses Urteil ist ein Freibrief für Naturzerstörung und damit keine gute Nachricht für die Lausitz,“ sagt Axel Kruschat, Geschäftsführer des Landesverband Brandenburg von Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Während der Verhandlung wurde deutlich, dass die Beseitigung der verursachten Umweltschäden im Tagebau Welzow-Süd durch den Betreiber keinesfalls sichergestellt ist. Das Bergamt musste eingestehen, dass es die ökonomischen Annahmen, die dem Finanzierungskonzept der LEAG zugrunde lagen, nie gutachterlich hatte prüfen lassen, sondern diesen blind vertraute. Dennoch folgte das Gericht der Argumentation der Behörde, die eine Abwälzung der Kosten auf die öffentliche Hand etwa im Falle einer Insolvenz offenbar für akzeptabel hält.“
„Angesichts des jüngst erhaltenen Milliardenkredits ist eine Insolvenz der offensichtlich mit Liquiditätsproblemen kämpfenden LEAG keinesfalls nur ein hypothetisches Szenario. Wir können nicht wirklich nachvollziehen, wieso dieser Aspekt vom Gericht nicht ausreichend gewürdigt wurde,“ so Kruschat weiter.
„Die LEAG ignoriert das Verursacherprinzip – einen Grundpfeiler des deutschen und europäischen Umweltrechts – wenn sie sagt, sie könne den Tagebau nicht mehr wirtschaftlich betreiben, falls sie heute aus eigener Kraft die Nachsorgekosten umfassend absichern müsste und stattdessen auf staatliche Zahlungen setzt,“ so Francesca Mascha Klein, Umweltjuristin im Berliner Büro von ClientEarth – Anwälte der Erde. „Eine weitere Form der finanziellen Begünstigung der klima- und umweltschädlichen Energiegewinnung aus Braunkohle können wir uns aber nicht leisten. Müssten die Betreiber für die wahren Kosten aufkommen, würden wir vielleicht gar nicht über ein Ende der Kohle im Jahr 2030 sprechen, weil sie sich aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen vorher erledigen würde.“
Die LEAG hatte während der Verhandlung dargelegt, dass sie es für ausreichend hält, zur Deckung der Nachsorgekosten lediglich etwa 215 Millionen Euro bereitzustellen. Die tatsächlichen Kosten werden jetzt schon mit mindestens einer Milliarde Euro beziffert – und liegen nach Einschätzung des BUND Brandenburg um ein Vielfaches höher. Zur Deckung der Kosten rechnet die LEAG mit den Entschädigungszahlungen aus dem Kohleausstiegsgesetz, deren Zulässigkeit aber die EU-Kommission in einem laufenden Prüfverfahren bereits anzweifelt.
Als Erfolg werten die Umweltorganisationen, dass die LEAG mit ihrem Einwand, dass die Klage nicht zulässig sei, gescheitert ist. Organisationen der Zivilgesellschaft dürfen sich damit weiterhin umfassend auch vor deutschen Gerichten für den Schutz der Umwelt und der Bevölkerung einsetzen – auch wenn es, wie in diesem Falle, um finanzielle Vorkehrungen geht.
Ein Lichtblick zudem ist der Hinweis des Gerichts, dass die Sulfatbelastung des Trinkwassers bei künftigen Hauptbetriebsplänen und wasserrechtlichen Erlaubnissen berücksichtigt werden muss. Im Umfeld des Tagebaus Welzow-Süd, wo die neue wasserrechtliche Genehmigung derzeit ansteht, wurde die Überschreitung der Grenzwerte bereits festgestellt.
Im Anbetracht des unbefriedigenden Urteils schließen die Umweltorganisationen weitere rechtliche Schritte nicht aus.
ENDE
Pressekontakt:
- BUND Brandenburg: Axel Kruschat, axel.kruschat@bund.net, +49 179 5911698
- ClientEarth: Dániel Fehér, presse@clientearth.org, +49 30 31193850
Hinweise an die Redaktion:
Der BUND Brandenburg hatte mit Unterstützung von ClientEarth geklagt, weil die Vorsorgevereinbarung vom Juni 2019 eine ausreichende finanzielle Vorsorge für die Rekultivierung des Kohleabbaugeländes nicht garantiert. Zu dieser Vorsorge ist der Betreiber – die Lausitz Energie Bergbau AG (ein Unternehmen der LEAG-Gruppe) – aber gesetzlich verpflichtet.
Mehr zum Hintergrund der Klage hier.
Über ClientEarth – Anwälte der Erde
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