Pressemitteilung: 14. Juni 2022

ClientEarth: EP-Abstimmung muss "letzter Sargnagel" für Gas in der Taxonomie sein

Mitglieder des Europäischen Parlaments haben heute ihr Veto gegen die Aufnahme von Gas und Atomkraft in das EU-Regelwerk für nachhaltige Finanzen eingelegt.

Die EU-Taxonomie legt die Regeln dafür fest, was als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit gilt. Nach dem derzeitigen Entwurf will die Europäische Kommission fossile Gas- und Nuklearinsvestitionen offiziell als umweltverträglich im Sinne der EU-Taxonomie einstufen. Die zuständigen EP-Ausschüsse für Wirtschaft (ECON) sowie für Umweltfragen (ENVI) haben heute in einer gemeinsamen Abstimmung beschlossen, gegen diese Einstufung Einspruch einzulegen.

ClientEarth-Anwältin Marta Toporek sagt dazu: "Die Einstufung von fossilem Gas als vorübergehend und umweltfreundlich in der Taxonomie ist nicht nur eine eklatante Selbstsabotage mit Blick auf das Klima – sie ist auch rechtswidrig. Sie steht im Widerspruch zu den wichtigsten EU-Klimagesetzen und dem wichtigsten EU-Rechtsakt zur Taxonomie selbst. Die Entscheidung der Kommission, Gas in die Taxonomie aufzunehmen, war eindeutig politisch motiviert, obwohl sie auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen hätte beruhen müssen. Sie ist auch ein offensichtliches Beispiel für Greenwashing."

"Die zuständigen Ausschüsse des Europäischen Parlaments haben dies durchschaut und beschlossen, gegen diese Farce ihr Veto einzulegen. Die heutige Abstimmung sollte der endgültige Sargnagel für Gas in der Taxonomie sein" so Toporek weiter.

Das Europäische Parlament wird in einer Plenarabstimmung im Juli endgültig über die Annahme oder Ablehnung des Rechtsakts entscheiden.

ENDE

Hintergrund:

Bereits im Oktober 2021 veröffentlichte ClientEarth eine rechtliche Analyse, nach der die Aufnahme von Gas in die Taxonomie das ernsthafte Risiko eines Konflikts mit anderen EU-Gesetzen in sich birgt, insbesondere mit:

  • den Verpflichtungen der EU im Rahmen des Pariser Abkommens;
  • der EU-Klimagesetzgebung, einschließlich des kürzlich verabschiedeten Europäischen Klimagesetzes mit seiner Verpflichtung zu einem klimaneutralen Europa bis 2050 und einer CO2-Reduktion von mindestens 55 % bis 2030;
  • dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der die EU verpflichtet, "ein hohes Maß an Umweltschutz und internationaler Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Klimawandels anzustreben";
  • der Taxonomie-Verordnung selbst, da die Gasaktivitäten nicht der Definition von "Klimaschutz" als eine der Kategorien der Taxonomie entsprechen und somit nicht den Anforderungen der EU-Taxonomie für "Übergangsaktivitäten" genügen.

Ein Hauptbestandteil von fossilem Gas ist Methan, mit einem globalen Erwärmungspotenzial, das über einen Zeitraum von 20 Jahren mehr als 85 Mal höher ist als das von CO2.

Selbst Bangladesch, Kolumbien und Südafrika haben für die Aufnahme von fossilem Gas in ihre Taxonomien für nachhaltige Finanzen eine strengere Regelung gefunden, als die EU-Kommission in ihrem vorliegenden Vorschlag.

Im Mai 2022 sandte ClientEarth einen Brief an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, um sie aufzufordern, gegen die Aufnahme von fossilem Gas in die Taxonomie-Richtlinie zu stimmen.

ClientEarth hat sich unlängst mit anderen Organisationen zusammengetan, um 30 Gasprojekte in Europa über die PCI-Liste (Projects of Common Interest) anzufechten. Sie argumentieren, dass die privilegierte Behandlung von Gas in direktem Widerspruch zu den Klimaverpflichtungen der EU steht.

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

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