Pressemitteilung: 06.07.2022

Umweltrechts-NGO erwägt juristische Schritte nach grünem Licht des Europaparlaments für Gas und Atomkraft in der EU-Taxonomie

Das Europaparlament hat heute die Aufnahme von Gas und Atomkraft in das EU-Regelwerk für nachhaltige Finanzen, der EU-Taxonomie, gebilligt.

Die EU-Taxonomie legt die Regeln dafür fest, was als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit gilt. Der von der Kommission im Februar genehmigte delegierte Rechtsakt stuft Gas und Atomkraft als ökologisch nachhaltig ein.

Die Mitglieder des Europäischen Parlaments haben diese Einstufung heute bestätigt - trotz der Ablehnung in den Ausschüssen für Wirtschaft und für Umwelt im vergangenen Monat.

"Die heutige Abstimmung ist äußerst enttäuschend und riskiert erheblich, dass die Klimaziele der EU außer Reichweite geraten“, sagt Marta Toporek, Juristin bei ClientEarth.

"Die Einstufung von Gas als vorübergehend und grün in der Taxonomie ist rechtswidrig, da sie im Widerspruch zu den wichtigsten Klimagesetzen der EU steht, einschließlich des europäischen Klimagesetzes und der Taxonomie-Verordnung selbst.“

"ClientEarth wird nun zusammen mit anderen Organisationen nach Möglichkeiten suchen, die Aufnahme von Gas in die Taxonomie vor Gericht anzufechten - Greenwashing darf nicht gewinnen,“ so Toporek weiter.

ENDE

Hintergrund:

Bereits im Oktober 2021 veröffentlichte ClientEarth eine rechtliche Analyse, nach der die Aufnahme von Gas in die Taxonomie das ernsthafte Risiko eines Konflikts mit anderen EU-Gesetzen in sich birgt, insbesondere mit:

  • den Verpflichtungen der EU im Rahmen des Pariser Abkommens;
  • der EU-Klimagesetzgebung, einschließlich des kürzlich verabschiedeten Europäischen Klimagesetzes mit seiner Verpflichtung zu einem klimaneutralen Europa bis 2050 und einer CO2-Reduktion von mindestens 55 % bis 2030;
  • dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der die EU verpflichtet, "ein hohes Maß an Umweltschutz und internationaler Zusammenarbeit zur Bekämpfung des Klimawandels anzustreben";
  • der Taxonomie-Verordnung selbst, da die Gasaktivitäten nicht der Definition von "Klimaschutz" als eine der Kategorien der Taxonomie entsprechen und somit nicht den Anforderungen der EU-Taxonomie für "Übergangsaktivitäten" genügen.

Ein Hauptbestandteil von fossilem Gas ist Methan, mit einem globalen Erwärmungspotenzial, das über einen Zeitraum von 20 Jahren mehr als 85 Mal höher ist als das von CO2.

Selbst Bangladesch, Kolumbien und Südafrika haben für die Aufnahme von fossilem Gas in ihre Taxonomien für nachhaltige Finanzen eine strengere Regelung gefunden, als die EU-Kommission in ihrem vorliegenden Vorschlag.

Im Mai 2022 sandte ClientEarth einen Brief an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, um sie aufzufordern, gegen die Aufnahme von fossilem Gas in die Taxonomie-Richtlinie zu stimmen.

ClientEarth hat sich unlängst mit anderen Organisationen zusammengetan, um 30 Gasprojekte in Europa über die PCI-Liste (Projects of Common Interest) anzufechten. Sie argumentieren, dass die privilegierte Behandlung von Gas in direktem Widerspruch zu den Klimaverpflichtungen der EU steht.

Über ClientEarth – Anwälte der Erde

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